Zum Inhalt springen

FBI versus iphone

Apple widersetzt sich einem Gerichtsbeschluss und verweigert dem FBI seine Mithilfe zur iPhone-Entschlüsselung. Derart lauten in etwa die Schlagzeilen. Darauf folgen offene Briefe, Solidaritätsbekundungen aus dem Silicon Valley und ein klagendes Weißes Haus, das sich auf ein Gesetz von 1789 beruft.

Text: Ilijic / Titelbild © By USN (U.S. DefenseImagery photo VIRIN: DN-SN-82-05975), [Public domain] via Wikimedia Commons

Ask Siri, die folgende Geschichte stammt nicht vom FBI. Verwaistes iPhone am Bankautomaten und alle Schalter geschlossen. Als ehrlicher Finder will ich gerne das smarte Fundstück zurückgeben. Nicht dass mir vor Freude ein gefundenes iPhone Tränen in die Augen treibt. Eher liegt da der Feind in meinem Bett auf dem Küchentisch. Ich stelle es unter Quarantäne und schließe die Küchentür. Vorläufig darf der Raum nur flüsternd betreten werden. So langsam fühle ich mich wie das Trojanische Pferd. Cupertino hat einen Horchposten in meinen eigenen vier Wänden aufgestellt. Zähe Stunden verrinnen, – niemand ruft an. Es stirbt, der Akku leert sich. Misstrauisch nähere ich mich dem monolithischen Klumpen. WhatsApp Nachrichten schneien herein. Der Besitzer, – längst überfällig. Etwas muss geschehen. An die Grundeinstellungen komme ich ran, ansonsten steht zwischen der Büchse der Pandora und mir das schicke Pincode-Interface. Da kommt mir Siri in den Sinn. „Wem gehört dieses iPhone?“ Nennen wir sie Nanni. Eine Frauenstimme spricht mit mir. Weiter geht es in einer Folge von „Was bin ich?“ So langsam hab ich den Dreh raus, das Gespräch entwickelt sich. „Wer ist Nanni?“, frage ich und das Display spuckt Konten, Social Media Einträge und Belangloses aus Nannis Leben aus. Ich beschließe, eine Mail an ihren Gmail-Account abzusetzen. Natürlich kryptisch, schließlich soll kein Unbefugter feuchte Augen bekommen. Am Festnetz klingelt es. „Noch heute, je schneller desto besser.“ Doch zuvor stelle ich ein paar Sicherheitsabfragen. Das Mädel kriegt feuchte Augen. Keine viertel Stunde später treffe ich den Klarnamen, eine Flasche Sekt des überschwänglichen Dankes unterm Arm. Auch ich bin erleichtert, die Wohnung wieder ganz für mich zu haben.

Ps. Zwischen Solidaritätsbekundungen ein Nachtrag zu Apples Unabhängigkeitserklärung. Das FBI scheint somewhere over the rainbow Apples Marketing Demarkationslinie übertreten zu haben. Bis zum Gerichtsbeschluss war das Unternehmen alles andere als unkooperativ. Apple unterbreitete dem FBI durchaus Lösungsmöglichkeiten, unabhängig von der Pincode Eingabe an die Daten der Attentäter von San Bernardino zu gelangen. Allerdings verbauten sich die behördlichen DAUs alle Wege nach Cupertino. Was jetzt folgt, – könnte aus der Feder von Matt Groening stammen. Unter anderem sperrte sich die Behörde selber aus, als sie das Passwort der zur Cloud dazugehörigen Apple-ID änderte. Von wegen, einstecken und loslegen, dachten sich wohl die Ermittler des FBI. Dem iPhone fehlen wichtige Features. Zum Beispiel eine direkte Standleitung, ohne Umwege über nöllende Nerds. Edward Snowden hat die Posse treffend eingeordnet, – geht es womöglich gar um idiotensichere Handhabung? Pfoten weg, – das sind unsere Rock ’n‘ Roll Nigger & read the manual, meint jedenfalls die NSA.

Für Apple kommt nach sinkenden Absatzzahlen, solch offizielles Feedback höchst ungelegen. Backdoors sind nicht gerade verkaufsfördernd, daher wünscht sich Tim Cook eine grundsätzliche Diskussion. Die wird er kriegen, jedoch anders als ihm lieb ist. Grundsätzlich ziehen erweiterte Befugnisse, weitere Begehrlichkeiten nach sich. Vom Zeitpunkt erscheint der US-Wahlkampf günstig, alles in einem Abwasch abzuwickeln. Während Donald Trump zum Boykott von Apple Produkten aufruft, schlagen sich seine Kontrahenten in die Büsche. Weder Bernie Sanders noch Hillary Clinton halten Apple die Stange. Nahezu als Selbstläufer werden unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit im Salamitaktikverfahren Grundrechte beschnitten. Zunehmend gleichen unter dem Kontrollwahn Verschlüsselungslösungen Rückzugsgefechten. Und jede Behörde möchte aus reiner Bequemlichkeit ein Scheibchen abhaben. Wie einst Larry Flynt, nur ohne Tittenblättchen, beruft sich Tim Cook auf die Meinungsfreiheit um seine proprietäre Software vor dem staatlichen Zugriff zu bewahren. Irritierend bei einem Unternehmen, das jedes einzelne Schamhaar in seinem App-Store verpixelt. Zwar aus anderen Beweggründen und als ein Akt der Notwehr, sollten Verbraucher Donald Trumps Boykottaufruf folgen. Denn Geld ist nach wie vor das schärfste Argument gegen Überwachung. Was glauben Sie, wie schnell der Spuk endet, sobald sich Massenüberwachung als Wettbewerbsnachteil entpuppt. Denn das Gros der Sicherheitspolitiker gehört zur Gattung der Wiederkäuer. Scheinbar kapieren es diese Mantras käuenden Rindviecher nicht anders, als derart vor die Wahl gestellt, von ihrer Fortschritt zerstörenden Paranoia abzulassen. Milliarden Grab 4.0 lautet die Devise. Pfeife auf Verschlüsselung, sende Rauchzeichen oder züchte Brieftauben.