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Eine Bank …

Dem Werbespot der Commerzbank entkommt ein Zuschauer selbst im Sprint nicht, also lehnen wir uns zurück und lassen es wirken.

Text: Ilijic / Titelbild – Ausschnitt © Bundesarchiv, Bild 183-V06526 / Paalzow, Günther / CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

Zeitgeist Peanuts

Geradezu als Lehrfilm zeigen die Macher der Lead Agentur Thjnk wie sich in 60 Sekunden am Zeitgeist vorbeijoggend Peanuts in den Sand setzen lassen. Aber der Reihe nach. Dem von der Mediaagentur Vizeum in heavy Rotation platzierten Werbespot der Commerzbank entkommt ein Zuschauer selbst im Sprint nicht, also lehnen wir uns zurück und lassen es wirken.

„Woran liegt es das man den Banken nicht mehr vertraut“, fragt bedeutungsschwanger die Off-Stimme der jungen Joggerin aus dem Frankfurter Morgengrauen. Dieses läßt aufhorchen. Es folgt ein kurzer Abriss der Keywords „Krise“, „Börsen“ sowie ein Wink auf die systemrelevante Konkurrenz. „Wir haben die Gründe bei uns gesucht“, – die Szenerie lichtet sich. Stakkatohaft setzt das Stück „Tick of the clock“ von den Chromatics ein. Danach wird es bis auf das gebetsmühlenartig wiederholte „Eine Bank“ etwas undeutlich. Selbst bis zur letzten Drückerkolonne ist es inzwischen durchgedrungen, dass hastig Gesprochenes selten einen Fuß in die Tür kriegt. Nach durchschrittener Katharsis zahlreicher Zeitraffer Einstellungen findet sich die Langstreckenläuferin, die dem Publikum als Lena Kuske Filialdirektorin vorgestellt wird, vom Aufzug zum Lichte getragen, mitsamt ihrem Businessdress, im Turm der Erkenntnis der Commerzbank wieder.

Von Agentur Punks und grenzdebilen Hipstern

Nach den durchlittenen Schmerzen fällt es schwer, dem Drang zu widerstehen seinen Fernseher mit faulen Eiern einzudecken. Scharfsinnige Zeitgenossen erkennen gewisse Parallelen zu einem Werbeclip von 1983, in dem Kevin Costner als smartes, jedoch unbekanntes Sternchen einen Apfel bewirbt. Der Brand Manager rühmt sich, keine Schauspieler für die Kampagne verwendet zu haben. Ach hätte er bloß den Kevin genommen. Stattdessen sieht der Zuschauer eine Homo Oeconomicus zu einer Uhrzeit rennen, bei denen sich die meisten gerne noch mal im Bett umdrehen. Würden Sie jemanden ihr Geld anvertrauen, den zu so früher Stunde Fragen nach dem Bankwesen quälen? Abgesehen davon, dass kein Mensch mit gesunder Psyche zur Arbeit joggt, ist nach einem Jahrzehnt der permanenten Globalisierungserregung das Maß erreicht. Die meisten ertragen das ganze Gesindel aus Optimierern und Balancern nicht mehr. Bezeichnend, dass am Ende des Clips Frau Filialleiterin sich neckisch den Kragen richtet und wie im König der Löwen Gewinn lächelnd aus Ihrem Hochsitz die Savanne überblickt. Es war schon immer eine Insignie der Macht, die Umgebung symbolisch durch Erhöhung, ob nun mit Burg, Pferd oder Hochhaus, in Besitz zu nehmen. Ironischerweise konterkariert das Visuelle das Gesprochene. Banalste handwerkliche Mittel werden plump eingesetzt, sodass am Ende nur ein mageres aber höchst nerviges „Eine Bank“ als einzige Botschaft hängen bleibt. Krisen-PR ist an für sich keine Quadratur des Kreises, außer man legt es in die Hände von 25-jährigen Agentur-Punks bar jeder Lebenserfahrung. Zumal diese auch noch gerne Ihre Plattensammlung in Spots verwursteln. Handwerklich reiht sich der Werbespot nahtlos in die schmierig anbiedernde Reihe der „Ergo, wir haben verstanden“ Filmchen ein, bei denen nett anzuschauende Hipster solch grenzdebilen, naiven Unsinn von sich geben, dass man Sie am liebsten wieder einschulen möchte. Zurzeit läuft der Commerzbank-Clip in verschiedenen Abwandlungen. Nichts besonders Erwähnenswertes, außer das Frau Filialdirektorin inzwischen auf der Karriereleiter ein paar Stockwerke tiefer residiert und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft einer grauen Kapuzenpullover tragenden Sekte beigetreten ist.