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Kabbelei am Grabbeltisch

Kabbelei am Grabbeltisch. Eine Posse: warum wir Google fürchten. Der offene Brief von Mathias Döpfner an Eric Schmidt.

Text: Ilijic / Illustration: © nikkiwunderkind

Die Kontrahenten

Der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SE steigt mit Googles Chairman in den Ring. Schon in der ersten Runde seines offenen Briefes wirft sich Mathias Döpfner bettelnd beim Vergleich der Umsatzzahlen vor Eric Schmidt auf die Knie. Bei diesem feuilletonistischen Schattenboxen steht viel auf dem Spiel: die Restplatz-Vermarktung von Axel Springers Online-Werbung. Richtig gehört und in einem Nebensatz erwähnt, es geht um nichts Geringeres als Restposten. Am Grabbeltisch fühlt sich der Döpfner ungerecht behandelt, bzw. unter Wert gerankt von Google.

„Möge die Macht mit dir sein“

Doch wer sind die Herausforderer? Waren es nicht zwei Visiting Fellows, die sich ins Silicon Valley aufmachten, um die digitale Revolution nach Deutschland zu tragen? Kaum heimgekehrt wandelte sich eine Eule zum Kauz und verkündete er sei jetzt APO. Nein, nicht er, sondern die Bildzeitung. Derweil die andere Eule Start-ups in die Hauptstadt trägt. Vollbart, sixties Brillen, T-Shirts sowie Aufkleber auf Klapprechnern machen allein noch keinen digitalen Sommer. Um kein Argument, vom Datenschutz bis Menschenrecht ist Döpfner verlegen. Gar Europas Zukunft stehe auf dem Spiel, sollte sein Businessplan, der Umbau vom Verlagshaus zum Multimedia-Konzern nicht aufgehen. Aus der Ringecke möchte man ihm aufmunternd zurufen: „Developer, Developer„. Doch leichtfüßig das Leistungsschutzrecht umtänzelnd, ist Eric Schmidt wie von selbst eine halbstaatliche Institution zur Löschung unliebsamer Links in den Schoß gefallen. Google gelingt halt alles.

Der Döpfner kontert mit einer Minderheitsbeteiligung bei der europäischen Suchmaschine Qwant, die bei Bing sucht und Cookies futtert. Doch das Naschen von Cookies will ihm die EU untersagen, klagt der Springer Frontman. Nun möchte er auch mal mit den Förmchen von Google spielen. Quengeln bis das dicke Mobster Kind seinen Algorithmus offen legt. Hat man je Coca Colas Rezeptur in einem Kochbuch gesehen? Doch siehe da, das Auditorium klatscht Beifall. Döpfners Argumentation ist zwar eine Aneinanderreihung aus ihrem Kontext gerissener Fakten, aber mit Ängsten und Beißreflexen kann jeder etwas anfangen. Wie üblich melden sich die ersten politischen Trittbrettfahrer. Der Gabriel und Justizminister Heiko Maas wollen Google gar zerschlagen. Solch eine dadaistische Performanz erwartet man sonst nur von den Piraten. Doch die Springer Lobbyisten sollten gewarnt sein. Die SPD hat, vom Pazifismus bis zur Arbeiterschaft alles und jeden verraten.

Das Imperium schlägt zurück

Bei aller Google Angst, scheint Mamas Liebling beim Gedanken an den Rapport bei Verlagserbin Friede Springer die Buxe gestrichen voll zu haben. Die beschenkte ihn zwar mit einem Aktienpaket im Wert von ca. 70 Millionen Euro, jedoch können Geschenke ihren Preis haben. Wahrscheinlich konnte Frau Springer das Geheule nicht mehr ertragen: „Junge, wenn der Schmidt dich ärgert, musst du feste zurückschlagen“. Es wird bits regnen, sollte die Freiheit des Netzes vom Springer Verlag abhängen. Einen der größten Vermarkter Deutschlands, der sich als nette Dreingabe die Welt und Bild-Zeitung leistet. Ansonsten Geschäftszweige ganz nach angloamerikanischer Holding-Tradition, Rendite abhängig abstößt oder kauft. Die an die Funke-Gruppe abgeschobenen Journalisten können ein Lied davon singen. Mathias Döpfner könnte sich ein Beispiel an dem Brief des Herausgebers und Geschäftsführers (Verlagsgruppe Handelsblatt) Gabor Steingart nehmen. Dieser klagt nicht sondern analysiert, reflektiert und agiert als Manager. Aber die Klage der VG-Media durch alle juristische Instanzen könnte sich als Springers und Mathias Döpfners ganz persönliches Waterloo erweisen. Werden Sie, ähnlich wie die belgischen Tageszeitungen, mit offenem Mund nach Luft japsen, falls Entscheide zu ihren Ungunsten ausfallen. Zur Not entschließt sich Google, den News-Dienst für Deutschland dichtzumachen. Den merke, für Google gilt der ehemals auf Microsoft gemünzte Witz: Wo setzt sich ein zwei Meter großer Gorilla hin? Antwort: Wo er will 😉